EinführungDie Malereien haben in der Regel nur ein Thema: den Menschen. Daneben kommen verschiedene Ornamente, Zeichen und Symbole vor. Tierdarstellungen, Hauptthema der eiszeitlichen Höhlenmalerei Westeuropas, sind auf den latmischen Felsbildern äußerst selten. Auch die in der nacheiszeitlichen Felsbildkunst geläufigen Motive, die sich auf die Jagd, die Landwirtschaft oder andere Tätigkeiten des sesshaft gewordenen Menschen beziehen, sind im Latmos bisher nicht bezeugt.
Bei den Menschendarstellungen interessiert nicht der einzelne Mensch, sondern der Mensch als Gemeinschaftswesen. Es gibt Bilder, auf denen mehr als vierzig Figuren nachweisbar sind. Zahlenmäßig überwiegen dabei die Frauen. Einfigurige Bilder hingegen sind selten.
Für die Wiedergabe der menschlichen Figur war ein bestimmtes Schema vorgegeben: Der Mann ist immer in Vorderansicht und, bis auf wenige Ausnahmen, ohne Angabe des Geschlechts dargestellt (1), die Frau mit dem Körper im Profil mit weit ausladendem Gesäß, das häufig verziert ist (2). Wegen der an Webmuster erinnernden Motive ist damit vermutlich ein Kleidungsstück, ein Rock oder Schurz gemeint. Merkwürdig ist, dass mehrere weibliche Figuren offensichtlich ein männliches Glied besitzen. Eine überzeugende Erklärung dafür ist bisher noch nicht gefunden worden.
Bei den Gruppendarstellungen handelt es sich meist um Menschen beiderlei Geschlechts (3.5). Es gibt jedoch auch reine Männer- und Frauengruppen (4). Zahlenmäßig überwiegen die Paardarstellungen von Mann und Frau (3). Hauptgegenstand der Felsbilder scheint demnach die Beziehung zwischen den Geschlechtern und die Familie zu sein. In dem einen oder anderen Fall könnte es sich um eine Hochzeitsszene handeln. Einen Hinweis auf die Familie geben die Bilder, auf denen neben Erwachsenen auch kleinere Gestalten vorkommen, mit denen Kinder gemeint sein könnten (4.5). Doch sind diese ’Familienszenen’ nicht als wirklichkeitsgetreue Wiedergaben bestimmter Ereignisse zu verstehen, sondern im Sinne einer Bildersprache als Chiffren für bestimmte Wertvorstellungen der damaligen Zeit. Das Paar von Mann und Frau kann im übertragenen Sinne auch als Symbol der Fruchtbarkeit aufgefasst werden.
1) Männerdarstellungen.
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